Bürgerstaudengarten wird Lesegarten
Eine Bürgerinitiative im wahrsten Sinne des Wortes war der im Jahr 2011 angelegte Bürgerstaudengarten. Nach 15 Jahren ist auch nach bester Pflege eine Runderneuerung fällig - ein aktuelles Grün-Projekt als Umgestaltung in einen attraktiven Lesegarten während der Jahre 2022 bis 2025: Was lange währt, wird endlich gut!
Runderneuerung erforderlich
"Wandlung ist notwendig
wie die Erneuerung der Blätter im Frühling."
Vincent van Gogh, Maler (1853 - 1890)
Am 5. Juli 2025 war es endlich so weit: Mit einer »Lesegarten-Soiree« konnte die neue Attraktion im »Park der Sinne« vor vielen Gästen eingeweiht werden. Von der ersten Planung im Jahr 2021 bis 2025 sind fast vier Jahre vergangen. Doch jetzt zeigt sich das große Schmuckstück komplett und in bester Verfassung.
Michael Heilmann begrüßte als Vereinsvorsitzender die zahlreichen Gäste und wies mit Blick auf den Bücherschrank darauf hin, dass »Bücher nicht nur Dekorationsartikel sind, sondern Ideengeber«.
Und nun ist der von Architekt und Vorstandsmitglied Hans Müller konzipierte Bücherschrank aus Cortenstahl bereits bestens gefüllt.
Bürgermeister Christian Schweitzer dankte für das erneute Engagement und die gute Zusammenarbeit zwischen Förderverein und Park-GmbH. Die Stadt Hemer sei unheimlich stolz auf den Förderverein, so der Bürgermeister und Vorsitzende des Aufsichtsrats im Sauerlandpark.
Die Moderation übernahm Eckardt Lüblinghoff, trug selbst am Ende ein Gedicht von Kurt Tucholsky bei - zusätzlich zu Versen, die Jürgen Bertold über die Projekte im Sauerlandpark verfasst hatte:
Neu ist jetzt der Lesegarten
Bänke laden freundlich ein
Lesen nah den Pflanzenarten
Pur Natur, vielleicht auch Wein
Dank euch allen für die Arbeit
Euren Einsatz für den Park
Dieses Schmuckstück der Stadt Hemer
Ist gelungen und apart
Literatur vom Feinsten rezitierten in Erinnerung an das legendäre Romanische Café im Berlin der Zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts Gregor Schmitz und Gottfried Pielhau vor. Joachim Ringelnatz, Erich Kästner, Mascha Kaléko und Else Lasker-Schüler waren dabei. Zur Freude der Gäste und Bücherfreunde deponierte Gregor Schmitz am Ende der Soiree einige Bücher dieser Literaten in den neuen Bücherschrank.
Der Pflasterstein (Joachim Ringelnatz)
Ein Pflasterstein, der war einmal
Und wurde viel beschritten.
Er schrie: „Ich bin ein Mineral
Und muss mir ein für allemal
Dergleichen streng verbitten!“
Jedoch den Menschen fiel`s nicht ein,
mit ihm sich zu befassen,
Denn Pflasterstein bleibt Pflasterstein
Und muss sich treten lassen.
Feldfrüchte (Kurt Tucholsky)
Sinnend geht ich durch den Garten,
still gedeiht er hinterm Haus;
Suppenkräuter, hundert Arten,
Bauernblumen, bunter Strauß.
Petersilie und Tomaten,
eine Bohnengalerie,
ganz besonders ist geraten
der beliebe Sellerie.
Ja, und hier -? Ein kleinen Lieschen?
Da wächst in der Erde leist
das bescheidene Radieschen:
außen rot und innen weiß.
Hier ist die gesamte Historie
»Vom Bürgerstaudengarten zum Lesegarten« aufgeschrieben:
Die Idee des Bürgerstaudengartens im "Park der Sinne" war eine Idee im Jahr 2010, nachdem die Landesgartenschau ihre Tore geschlossen hatte und der Startschuss für den Sauerlandpark erfolgt war.
Stauden gespendet und eingegraben
Im Frühjahr 2011 wurde mit den Arbeiten begonnen. Die Flächen wurden pflanzfertig präpariert und die Bürgerinnen und Bürger gebeten, überzählige Stauden aus ihren Gärten für dieses Projekt zu spenden.
Der Andrang war groß - die Arbeit der Einpflanzens ebenso. So konnten schon im selben Jahr sehr ansehnliche und prächtig blühende Beete genossen werden.
Viele helfende Hände haben die Vielfalt und Schönheit im Laufe der Zeit bewahrt. Doch nach 15 Jahren ist eine Runderneuerung unumgänglich, da viele Stauden übermäßig groß geworden waren und eine Frischzellen-Kur nicht mehr ausreichte. Auch hatte die Corona-Pandemie die ehrenamtlichen Gärtnerinnen und Gärtner bei der Pflege leider komplett ausgebremst.
Stauden ausgegraben und abgeholt
Eva Maria-Rittinghaus und Ruth Schmitz riefen Hemeraner Gartenfreunde am 18. Oktober 2021 dazu auf, sich an der nicht mehr benötigten Bepflanzung zu bedienen, um den Gewächsen im eigenen Garten ein neues Zuhause zu bieten. Der Andrang war ähnlich groß wie bei der Einrichtung des Bürgerstaudengartens. Mit Gabeln, Spaten und Schubkarren bewaffnet wurde gebuddelt und die botanischen Schätze nach Hause gefahren. So konnten etliche der gespendeten Stauden ihren Weg zurück in heimische Beete finden.
Das radikale Abräumen war erforderlich, um Raum für neue Ideen zu schaffen, die nach grundlegender maschineller Bearbeitung der Flächen ab dem Frühjahr 2022 umgesetzt werden sollten.
Es wurde beraten und skizziert, wie die Neugestaltung der Flächen aussehen sollte; gespannt war man auf den Bürgerstaudengarten 2.0, der sich nach seiner Fertigstellung als Lesegarten präsentieren sollte.
Lesestunden vorab
Zum Frühlingsmarkt auf dem Himmelsspiegel am 22. und 23. April 2023 gab es schon einmal vielfältige Lese-Proben. Vereinsmitglieder und bekannte Stimmen der Region hielten im Zelt des Fördervereins kleine »Vor-Lesungen« für Groß und Klein. Neue Vereinsmitglieder konnten gewonnen und großes Interesse für das neue große Projekt geweckt werden.
Geduld war angesagt
Im Herbst 2023 haben die umfangreichen Vorarbeiten begonnen. Das Abräumen der Pflanzen und Gehölze war davon nur ein kleine Teil; auch die obere Bodenschicht musste ausgetauscht, angereichert und neu hergerichtet werden. Erst dann konnten die Pläne mit neuer Wegführung, Rasenflächen und neuen Beeten von Eva-Maria Rittinghaus in Kooperation mit der Parkleitung umgesetzt werden. Auch sind die ursprünglichen Pläne ein wenig verändert und optimiert worden.
Cortenstahl bringt's
Jetzt aber sind die Freiflächen rund um den großen von Hans Müller konzipierten Bücherschrank aus Cortenstahl mit Rasenflächen, Gehölzen und Cortenstahl-Hochbeeten gefüllt. Diese sollen die Pflege erleichtern, die auch hier von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern geleistet werden muss. Man kennt Cortenstahl als ein Material mit einer schönen rostigen Oberfläche, die gewollt ist und zum Beispiel an der Himmeltreppe hinauf zum Jübergturm zu sehen ist.
Die Bepflanzung im Lesegarten gleicht einem Gartenkatalog: zum Beispiel Eisenholzbaum, Herbstkopfgras, Sonnenhut, Mädchenauge, Perlkörbchen, Storchschnabel, Pfeifengras »Moorhexe«, Schneeball, Federbusch, Weigelie, dem Baum »Sieben Söhne des Himmels«, dessen Name sich auf die kleinen weißen Einzelblüten bezieht, die scheinbar zu siebt in den Blütenständen zusammenstehen.
Als Farbkleckse glänzen gelbe und orangene Adirondack Chairs aus Kanada und laden zum Platznehmen und Lesen ein – wenn es denn die Temperaturen erlauben. Der Teil hinter dem Bücherschrank wird eingerahmt von einer abschließenden Eiben-Hecke.
Die befreundeten Rotary Clubs Hemer und Doncaster St. George's finanzierten mit großzügigen Spenden den Bücherschrank anlässlich ihres 25-jährigen Freundschaftsjubiläums. Bereits zehn Jahre zuvor waren die Rotarier zu Gast bei der Einweihung des Englischen Gartenzimmers. Dadurch konnten bleibende Erinnerungen geschaffen werden.
Und im Zentrum dieser großen Anlage wächst und gedeiht der Japanische Blumen-Hartriegel Cornus Sousa 'China Girl', der im Jahr 2022 gepflanzt wurden ist - in Anerkennung für die langjährige ehrenamtliche Tätigkeit im Förderverein von Schriftführerin Ellen Schulte. Die aparte Optik des Hartriegels krönt zwischen Mai und Juni eine Blütenpracht, die ihresgleichen sucht. Und am Ende des Sommers bilden sich himbeerartige, dekorative Früchte aus den Blüten.
Am 5. Juli 2025 ab 17 Uhr fand, wie oben beschrieben, dann als Lesegarten-Soirée die Einweihung statt.
Fazit: Gut Ding will Weile haben.